
Einen Oldtimer fahren kann „jeder“! Aber einen, der auch das nasse Element sein Zuhause nennt? Der Amphicar 770 ist einer der wenigen Klassiker, der sich aufs Wasser wagt. Bereits 1957 begann die Entwicklung des Amphicar. Erst 1961 war der Schwimmwagen serienreif. Insbesondere für den amerikanischen Markt entwickelt, wurde der Amphicar 770 ein Flop. Schleppende Verkäufe sorgten für ein Ende der Produktion. Über zwei Jahre waren Restbestände als Neuwagen zu immer kleineren Preisen ausverkauft. Heute hat sich eine große Fangemeinde entwickelt. Der Amphicar 770 ist zu einem gefragten Klassiker der besonderen Art geworden.
„Vater der Schwimmwagen“: Hanns Trippel

Hanns Trippel gilt heute als Vater der Schwimmwagen. Er war nicht der Erfinder dieser Gattung, trieb die Entwicklung jedoch wie kein anderer voran. Insbesondere für den zivilen Markt gab es nichts dergleichen. Bereits Ende der 1930er Jahre träumte Trippel von einem amphibischen Freizeitmobil. An Fahrzeugen für die damalige Wehrmacht arbeitete er bereits. So entstand der SG 6 Amphibium. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte es der Autokonstrukteur mit einem nicht schwimmfähigen Kleinwagen (SK10). Dieses Fahrzeug wurde wegen zu geringer Nachfrage nie in Serie produziert.
Ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt war der Trippel Corsaire. Ein Schwimmwagen, der in Frankreich produziert werden sollte. Da sich die französischen Produzenten finanziell übernommen hatten, ging der Wagen nie in Serie.
1958 sollte Trippels große Zeit beginnen. Der Trippel Alligator wurde vorgestellt. Mit Harald Quandt fand er einen passenden Partner, um diesen weiterzuentwickeln und herzustellen. Dennoch erwies sich der Produktionsstart als schwierig. Quandt wollte den Amphicar in den BMW-Werken herstellen lassen. Der dortige Vorstand winkte jedoch nach der Besichtigung des Amphicar einstimmig ab. Ein geeigneter Produktionsort fand sich schließlich 1960 in der IWK AG in Lübeck.
Eine gründliche Überarbeitung der ersten 35 Exemplare war aufgrund von Zeitmangel nicht zu schaffen. So wurden kaum veränderte Trippel Alligator für einen großen Werbefeldzug nach Amerika geschickt.
Die „Vorab“-Amphicar-Prototypen erzeugten nicht die erhoffte Wirkung. Die Amerikaner wünschten sich mehr Platz im Innenraum. Dazu kamen vorhersehbare Pannen und Kinderkrankheiten. Der Ruf der Unzuverlässigkeit prägte auch die Zukunft des Amphicar. Um zu retten, was zu retten war, schickte Quandt zum Unmut Trippels einige Fahrzeug-Ingenieure ins Rennen. Anfang 1961 war das Amphicar 770 serienreif.
Natürlich war die Herstellung eines Amphibienfahrzeuges wie des Amphicars teurer als die eines gewöhnlichen Kleinwagens. So kosteten die Schwimmautos in Amerika stolze 3.395 Dollar. Seinerzeit war dafür eine Chevrolet Corvette zu haben! In Deutschland lag der Preis bei 11.800 DM. So viel kostete auch ein Opel Admiral. Nach dem Produktionsstopp 1967 standen noch viele Amphicar 770 auf Halde. Bis Ende 1968 konnten sie zu immer weiter fallenden Preisen erworben werden. Sie wurden für 4.500 und 7.000 DM verramscht.
Die letzten Amphicar wurden später verschrottet oder als Transportfahrzeug mit einer Pritsche ausgestattet. Insgesamt sollen 3.878 Amphicar 770 das Band verlassen haben. Mit 3.046 Exemplaren gingen die meisten nach Amerika. Etwa 1.000 Fahrzeuge sollen weltweit noch existieren.
Amphicar 770: Nur fliegen kann er nicht!
Der Amphicar 770 ist ein erstaunlicher Allrounder. Trotz seines etwas hohen Schwerpunkts liegt er dennoch recht gut auf der Straße. Dem sehr gut eingestellten Fahrwerk sei Dank. Zudem beweist er auch eine bemerkenswerte Geländetauglichkeit. Immerhin erreicht er 125 km/h auf der Straße und ganze 8 Knoten (12,8 km/h) zu Wasser. Selbst bei Windstärke 8 war der Amphicar 770 nicht zum Kentern zu bringen. Allerdings bedarf es für Letzteres eines Bootsführerscheins!
Sicher, der Amphicar 770 kann das alles sicher nicht so gut wie eine Oberklassenlimousine, aber dafür kann er phantastisch schwimmen. Das bewiesen Jean Bruel und Tony Andal, als sie 1962 mit einem Amphicar 770 den Ärmelkanal von Calais nach Dover in 5 Stunden und 50 Minuten überquerten.
Auch als Fluchthelfer hat sich der Amphicar hervorgetan. Ein Berliner kaufte sich dieses Fahrzeug wegen des doppelten Bodens. Damit ermöglichte er seiner Familie die Flucht aus der damaligen DDR. Die Flucht war tatsächlich erfolgreich!
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Simpel und durchdacht: Amphicar 770!
Eigentlich scheint der Amphicar 770 ein ganz normales Auto zu sein. Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern, hydraulischen Stoßdämpfern und hydraulischen Trommelbremsen sowie ein Vierzylinder aus dem Triumph Herald 1200. Allerdings weist die Karosserie Besonderheiten auf. Die Ganzstahlkarosserie ist durch Rohrlängsträger verstärkt, die Bodenwanne ist geschlossen und alle Bleche sind fest verschweißt. Natürlich fallen auch die zwei Antriebsschrauben am Heck auf. Die Türen werden bei Wasserfahrten durch einen separaten Griff zusätzlich verriegelt, um Wassereintritt zu verhindern. Auf der vorderen Haube sind rot/grüne Positionsleuchten und ein Signalhorn montiert. Auf der hinteren Motorhaube gibt es ein aufsteckbares weißes Positionslicht.
Besonderheiten zeigen sich hauptsächlich im Inneren. Im Motorraum ist eine Lenzpumpe untergebracht. Mit dieser soll durch die Öffnungen der Antriebswellen eingedrungenes Wasser abgepumpt werden. Auch das Getriebe ist eine Sonderanfertigung. Schließlich werden zwei grundverschiedene Antriebe bedient.
Hubraum | 1147 cm³ |
Leistung | 38 PS |
Drehmoment | 80 Nm |
Höchstgeschwindigkeit Land | 125 km/h |
Höchstgeschwindigkeit Wasser | 12,8 km/h |
Früher verramscht, heute kein Schnäppchen: Amphicar 770!
Allein der Unterhalt des Amphicars sollte nicht unterschätzt werden. Besonders wenn es auch im Wasser bewegt wird. Nach jeder Wasserfahrt sollten alle 13 Schmiernippel mit Fett versorgt werden. Um an alle Stellen heranzukommen, muss der Oldtimer aufgebockt und die Rückbank ausgebaut werden.
Meerwasser mag der Amphicar nicht. Auch wenn viele Fahrer das Abenteuer gewagt haben, die Bleche können allergisch auf das Salzwasser reagieren. Hier lohnt ein penibler Blick, um eventuellen Rost aufzuspüren.
Auch wenn der Amphicar kein Wunderwerk der Technik ist: Macht das Getriebe Schwierigkeiten, wird es problematisch! Das vollsynchronisierte Viergang-Spezialgetriebe von Hermes in Wuppertal besitzt ein zusätzliches Wendegetriebe für die zwei Schiffsschrauben. Ersatz ist kaum zu beschaffen. Eine Reparatur ist oft nur durch wenige Spezialbetriebe zu hohen Kosten möglich.
Preislich hat der Amphicar 770 ein großes Wachstum erlebt. Früher verschmäht, ist ein guter Amphicar-Oldtimer heute kaum unter 70.000 Euro zu bekommen. Spitzenexemplare kosten auch 100.000 Euro und mehr.
FAQ
Den Unterlagen zufolge wurden 3.878 Amphicar gebaut. Der größte Teil (3.046) ging nach Amerika. Vorsichtigen Schätzungen zufolge sollen noch etwa 1.000 existieren.
Der Amphicar 770 schafft etwa 125 km/h auf der Straße. Mit Vollgas auf dem Wasser sind 8 Knoten (12,8 km/h) möglich.