In Italien designt, mit amerikanischer Großserientechnik ausgestattet, in England gebaut. Der „Abfangjäger“ aus der Karosserieschmiede Jensen ist in vielerlei Hinsicht ein Unikum! Vorrangig war Jensen Motors als Karosseriehersteller in Auftragsarbeit bekannt. Jedoch wurden auch eigene teure Fahrzeuge in Kleinserien gebaut. Der erste in Handarbeit gefertigte Jensen Interceptor wurde zwischen 1950 und 1957 hergestellt. Insgesamt 88 Exemplare wurden als Coupé und Cabriolet verkauft. Deutlich größere Stückzahlen wurden mit dem Jensen Interceptor ab 1966 erreicht. Rund 7.200 Fahrzeuge wurden als Coupé, Cabriolet und Kombicoupé ausgeliefert. Hierzulande sind Autos von Jensen eher Exoten. Als Oldtimer ist er vor allem für erfahrene Enthusiasten interessant.
Schwerfälliger Abfangjäger: Jensen Early Interceptor
Er war nicht das erste Auto, das Jensen baute. Bereits in den 1930er Jahren verkauften die Jensen-Brüder verschiedene Modelle. 1949 stellten sie den Jensen Interceptor vor. Das Chassis wurde in verlängerter und verstärkter Form vom Austin A90 übernommen. Die Karosserie bestand weitgehend aus Aluminium und war auf einem Holzgerüst befestigt. Die Motoren stammten ebenfalls von Austin. Der 4,0-Liter-Reihensechszylinder leistete 132 PS und brachte den Wagen angemessen zügig, jedoch nicht wirklich sportlich voran.
Einer der ersten Interceptors ist ein wahres Einzelstück. Der für einen kanadischen Rallyefahrer gebaute Jensen wurde mit einem vom Kunden selbst mitgebrachten Hemi-Motor von Chrysler ausgestattet. Das 250 PS starke Aggregat machte einige Änderungen nötig, um die Kraft zu bewältigen. Dieser Oldtimer befindet sich heute im Besitz eines Enthusiasten in Dresden.
Englischer Charme, italienisches Flair und amerikanische Kraft!
9 Jahre nach der Einstellung des Early Interceptor folgte eine Neuauflage. Weit moderner und mit einer Karosserie aus Stahl versehen wurde er bis 1976 in mehreren Karosserievarianten gebaut. Sein Vorgänger, der Jensen C-V8, hatte insbesondere aufgrund seines Designs mit Kritik zu kämpfen. Jensen verband den typischen britischen Charme mit dem Flair des italienischen Designs und den soliden und starken Motoren amerikanischer Herkunft. Die ersten Modelle wurden in Italien gefertigt. Später holte Jensen die Produktion nach Großbritannien.
Jensen Interceptor Saloon
Während seiner Bauzeit wurde er mehrfach modernisiert und verbessert. Drei Generationen entstanden. Mit der ersten Generation, dem Jensen Interceptor MK 1, wurde der aus dem Vorgänger bekannte 6,3-Liter-V8 von Chrysler geliefert. Dieses Kraftpaket mobilisierte stattliche 325 PS. Die Kraftübertragung übernahm ein dreistufiges TorqueFlite-Getriebe, welches ebenfalls von Chrysler stammte. Nur 23 Exemplare verließen das Werk auf Kundenwunsch mit einem Viergang-Schaltgetriebe. Eine Servolenkung war nicht lieferbar.
1969 wurde der Interceptor MK 2 vorgestellt. Veränderungen erfuhr er vor allem im optischen Bereich. Neue, strengere Sicherheitsvorgaben in den USA machten es nötig, die Stoßfänger weiter nach oben zu verlegen. Die beim MK 1 über den Stoßstangen montierten Blinker wanderten dafür nach unten. Auch der Kühlergrill wurde überarbeitet. Änderungen gab es zudem im Cockpit des Wagens.
Viel Neues brachte der Jensen Interceptor MK 3 ab Ende 1971. Da Chrysler die Produktion des 6,3-Liter-Big-Blocks einstellte, wurde nun auf einen 7,2-Liter-V8 vom selben Hersteller zurückgegriffen. Der Grund: Die verschärften Abgasnormen in den USA machten es notwendig, die Verdichtung der Motoren herabzusetzen. Das Ergebnis waren erhebliche Leistungseinbußen. Der neue, größere Motor leistete 285 PS. Die fehlende Leistung und das Mehrgewicht des Motors machten sich auch in den Fahrleistungen bemerkbar. Der MK 3 erfuhr nochmals mehrere Veränderungen in allen Bereichen.
Der Jensen Interceptor Saloon (GT) ist die mit Abstand am häufigsten verkaufte Variante. Der geschlossene Zweisitzer ist an seiner markanten Heckklappe aus Glas erkennbar. Die gewölbte Panoramascheibe wurde im Englischen oft „Goldfish Bowl“ genannt. Im deutschsprachigen Raum wurde sie als Bootsheck bezeichnet.
Jensen Interceptor Convertible
Auf Basis des Interceptor Saloon wurden auch ein Cabriolet (Convertible) und ein Coupé entwickelt. Zwischen 1974 und 1976 entstanden etwa 470 bis 510 Jensen Interceptor Convertible auf Basis des MK 3. Technisch gab es keine Änderungen. Das solide Fahrgestell wurde nur an wenigen Stellen verstärkt. Das Verdeck ließ sich hydraulisch öffnen und schließen. Dies jedoch nur im Stand. Heute zählen die Cabriolets zu den gesuchtesten und teuersten Modellen des Interceptors.
Jensen Interceptor Coupé
Das letzte Modell vor dem endgültigen Aus des Unternehmens Jensen war das Coupé. Im Oktober 1975 wurde es vorgestellt. Bis zum Produktionsstopp 1976 wurden nur etwa 50 Exemplare gebaut. Damit ist es der seltenste Oldtimer der Baureihe Interceptor. Die Grundlage für das Coupé war das Cabriolet. Anstatt des Verdeckes erhielt es ein Hardtop.
Jensen Interceptor FF: Der Revolutionäre!
Wer erinnert sich nicht an den ersten Audi Quattro? Der mit einem permanenten Allradantrieb ausgestattete Sportler erregte 1980 großes Aufsehen. Einen der ersten jemals in einem Pkw eingebauten permanenten Allradantriebe besaß jedoch der Jensen Interceptor FF, der ab 1966 auf Basis des Interceptor Saloon gebaut wurde. Die Allradtechnik machte allerdings einige Änderungen an der Karosserie und am Fahrwerk unabdingbar. Der FF ist rund 10 Zentimeter länger und hat ein Mehrgewicht von etwa 150 Kilogramm. Von seinem heckgetriebenen Bruder ist er durch seine längere Front, die Lufthutze auf der Motorhaube und die doppelten seitlichen Lufteinlässe erkennbar.
Eine weitere Innovation: Das erste jemals in einem Personenkraftwagen verbaute Antiblockiersystem! Das Dunlop-Maxaret-ABS funktioniert, anders als heutige elektronische Systeme, mechanisch. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden solche Systeme lediglich in Rennwagen oder Flugzeugen verwendet.
Der Jensen Interceptor FF wurde nur als Rechtslenker produziert. Mit dem 6,3-Liter-V8 sind durchaus sportliche Fahrleistungen zu realisieren. Er beschleunigt den über 2 Tonnen schweren Wagen in 8,6 Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 210 km/h. Das 325 PS starke Aggregat ist allerdings auch durstig. 20 Liter Verbrauch sind Durchschnitt.
Aufgrund des hohen Kaufpreises und der harten Konkurrenz in der Klasse der Luxussportler wurden bis 1971 nur etwa 320 Exemplare gebaut.
Jensen Interceptor SP: Der mit dem „Six Pack“
1971 übernahm der Jensen Interceptor SP die Rolle des Spitzenmodells. Zum Einsatz kam hier der 7,2-Liter-V8 aus dem Serienmodell – edoch in überarbeiteter Form. Die Verdichtung wurde auf damals unübliche 10,3:1 erhöht. Das machte Benzin mit 100 Oktan nötig. Dazu bekam der SP drei Doppelvergaser von Holley. Diese brachten dem Wagen den Beinamen „Six Pack“ ein. Die Leistung konnte so auf 325 PS erhöht werden. Das Drehmoment von beachtlichen 556 Nm lag bereits bei 3.600 Umdrehungen. Kritik wurde oft an seinem problematischen Fahrverhalten geübt. Insbesondere das Herausbeschleunigen aus einer Kurve kann mit der Zuschaltung der Vergaser zum Verhängnis werden. Der zusätzliche Leistungsschub kommt unvermittelt und kann den Wagen unkontrollierbar machen.
Der SP ist kein Kostverächter. Er genehmigt sich mindestens 28 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nach unterschiedlichen Messungen zwischen 225 und 236 km/h. Die Beschleunigung auf 100 km/h wurde mit 7,4 bis 7,6 Sekunden gemessen. 1973 verließ der Letzte der 272 Interceptor SP die Werkshalle.
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Ein Auto für Kenner!
Einen guten Jensen Interceptor zu finden, ist ein Glücksspiel. Insbesondere wenn es ein Coupé, Cabriolet, FF oder SP sein soll. Auch wenn die amerikanische Großserientechnik den Ruf der Unzerstörbarkeit besitzt: Es ist eine Frage der Wartung. Ersatzteile für die Motoren und Getriebe sind recht problemlos erhältlich. Sogar für recht kleines Geld. Problematisch ist der Rost!
Insbesondere die jüngeren Modelle besitzen eine geringere Blechqualität. Rostschäden an einem Jensen können mächtig ins Geld gehen. Neue Karosserieteile gibt es nicht. Die handgefertigten Bleche in Einzelfertigung herzustellen, ist sehr aufwändig. Schweißarbeiten an diesem Oldtimer offenbaren sich als Herausforderung. Auch ein verschlissener Innenraum kann schnell zum Desaster werden. Teile hierfür sind quasi nicht erhältlich. Es bedarf viel Zeit, Geduld und eines gesunden Bankkontos, um einen Jensen Interceptor im desolaten Zustand wiederherzurichten.
FAQ
Restaurierungsbedürftige Exemplare können, je nach Zustand, ab etwa 6.000 Euro erworben werden. Seltenere Modelle kosten mehr. Fahrbereite Fahrzeuge im Topzustand oder Sammlerstücke beginnen bei etwa 80.000 Euro. Für Raritäten können weit über 100.000 Euro verlangt werden.
Der Jensen Interceptor MK 1 und MK 2 verfügte über einen Hemi-V8 von Chrysler. Die Leistung betrug 325 PS. Ab 1971 wurde ein 7,2-Liter-V8 ebenfalls von Chrysler verbaut. Dieser leistete 285 PS. Im Jensen Interceptor SP wurde die Leistung des Motors auf 325 PS erhöht.