Die Wartburg. Eine Burg aus dem 11. Jahrhundert in Thüringen. Ein Schaffensort Martin Luthers. Als Automarke jedoch vielen Menschen unbekannt. Für die Menschen der DDR war er vergleichbar mit dem VW Passat in der BRD. Ein komfortabler Wagen mit ausreichend Platz für fünf Personen und einem großen Kofferraum. Besonders zu Beginn war sein Design auf der Höhe der Zeit. Er traf sogar den Geschmack der westlichen Welt und wurde dort auch angeboten. Die Zweitaktmotoren waren seinerzeit noch weit verbreitet. So war er in den 1950er und 1960er Jahren auch technisch modern. Im Laufe der Jahre blieb die Zeit fast stehen. Entdecken Sie die spannende Geschichte der Wartburg Oldtimer!
Wie alles begann!
Die Ursprünge des Automobilwerkes Eisenach gehen zurück bis ins Jahr 1896. In Eisenach entstand eine Produktionsstätte für Militärfahrzeuge und Fahrräder. 1904 entstand der erste „Dixi“. Zu dieser Zeit ausschließlich als Auslieferungsfahrzeug gebaut, knüpften die Eisenacher nach dem Ersten Weltkrieg an diesem Erfolg an. Dixi wurde nun auch als Pkw gebaut und entwickelte sich zum Verkaufsschlager. 1928 wurde Dixi in den BMW-Konzern eingegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der DKW F9, eine Vorkriegsentwicklung, vorgestellt und ab 1950 produziert. 1953 wurde dieser überarbeitet und als EMW 309 bis 1956 gebaut.
Ostdeutsches Erfolgsmodell: Der Wartburg 311
Der Wartburg 311 ist eine Weiterentwicklung des EMW 309. Die Typenbezeichnung 311 entsprach der Tradition des BMW-Konzerns und dem ersten in Eisenach produzierten Kraftfahrzeug.
Die Entwicklung des Wartburgs realisierte das Eisenacher Werk in Eigenregie und ohne offizielle „Planlegitimation“. Auch der Beginn der Produktion im Jahre 1956 erfolgte ohne Absprache mit der Parteiführung. Das Design von Hans Fleischer galt damals als modisch und formschön. Die Presse und auch die Öffentlichkeit reagierten positiv. Dennoch musste der damalige Betriebsdirektor für sein eigenmächtiges Handeln eine Disziplinarstrafe von 5.000 DM zahlen.
Die neue Karosserie wurde auf den um 10 Zentimeter verlängerten Rahmen des IFA F9 (werksintern EMW 309) montiert. Aufgrund des hohen Gewichts und der Notwendigkeit einer höheren Leistung wurde der Dreizylindermotor überarbeitet. Das Ergebnis waren 37 PS und ein Drehmoment von 81 Nm aus 900 cm³. Damit war der Wartburg für seine Zeit fast spritzig unterwegs. Bereits 1958 waren die Gänge 2 bis 4 des Getriebes synchronisiert. 1961 erfolgte eine Leistungssteigerung auf 40 PS. Noch mehr Leistung gab es schon ein Jahr später durch das Aufbohren des Motors auf 992 cm³. Er hieß nun Wartburg 1000 und es standen 45 PS zur Verfügung.
Angeblich sollen die Zweitaktmotoren des Wartburgs qualitativ besser gewesen sein als die der westdeutschen Konkurrenz von Auto Union. Bei Laufleistungen um 100.000 Kilometer seien nur geringe Verschleißspuren erkennbar. Dieser Antrieb wurde auch im Kleinbus/Transporter Barkas und im polnischen Kleinwagen Syrena verwendet.
Vielseitiger Thüringer!
Dank seines Rahmens war es möglich, den Wartburg 311 in vielen Karosserievarianten anzubieten. Neben der Standardlimousine wurden auch Kombivarianten, ein Coupé, ein Cabrio, ein Pick-Up und ein Kübelwagen, hergestellt.
Besonders gesucht ist heute beispielsweise die Wartburg 311/5 Campinglimousine. Ein Kombi mit Panoramascheiben, die ins Dach reichen, Sitzen, die sich zu Liegefläche umbauen ließen, und einem großen Faltdach. Die Hecktür des umgangssprachlich „Camptourist“ genannten Wagens öffnete seitwärts.
Natürlich gab es auch eine einfache Kombiversion. Der Wartburg 311/9. Diese war, wie damals üblich, als Transport- oder Handwerkerauto angedacht und dementsprechend einfach ausgestattet.
Eine wahre Rarität ist das Wartburg 311/2 „Kabriolett“. Der viersitzige Zweitürer besaß Echtledersitze und wurde nur 2670 Mal gebaut. Ab 1965 gab es den Wartburg 312 als Cabriolet mit Hardtop.
Auch das 311/3 Coupé erfreut sich bei Sammlern großer Beliebtheit. Nur knapp 5.500 Exemplare wurden gefertigt. Von der Linienführung ist er wohl der schönste Wartburg 311. Die Zweifarblackierung (anfangs dreifarbig) unterstreicht seine gelungene Form.
Durch den Mangel an Kleintransportern in der DDR kam man nicht umhin, einen Pick-Up herzustellen. Der 311/7 Schnelltransportwagen wurde fast 5.000 Mal gebaut. Aufgrund ihrer Beanspruchung haben nicht viele Exemplare überlebt.
Für den Polizeieinsatz wurden eigens Kübelwagen produziert. Auch von diesen sind heute nur noch sehr wenige erhalten.
Auch an den Export wurde gedacht. Speziell für Länder mit Linksverkehr wurden 737 Limousinen mit Rechtslenkung hergestellt. Wartburg war damals auch in der Produktion international. In Argentinien wurden etwa 2.200 Wartburg 311 Sport unter dem Namen Graciela GW gebaut.
In fast unveränderter Form wurde der Wartburg bis 1967 weitergebaut, ab 1965 als sogenanntes Übergangsmodell. Es verfügte bereits über das Fahrwerk und weitere Details des Nachfolgers Wartburg 353.
Aus rund wird eckig: Wartburg 353
Wirklich neu am Wartburg 353 war die Karosserie. Auch für diese sachliche Linienführung zeichnete sich Hans Fleischer verantwortlich. Weitere Änderungen bestanden in der Umstellung der Bordelektrik von 6 auf nun 12 Volt, der Verbesserung der Kupplung und einem vollsynchronisierten Getriebe. Im Laufe seiner Bauzeit wurde er nur im Detail modernisiert. Es blieb auch beim zu dieser Zeit bereits veralteten Dreizylinder-Zweitaktmotor. Lediglich die Motorleistung wurde 1969 von 45 auf 50 PS erhöht. Auch die Variantenvielfalt war gegenüber dem 311er eingeschränkt. Es gab eine Kombiversion und eine Limousine sowie einige Pick-Ups und Sonderfahrzeuge für den medizinischen Dienst.
Ideen gab es viele. Die Ingenieure aus Eisenach machten sich Gedanken und entwickelten in Eigenregie neue Modelle und Techniken. Jedoch wurden die von ihnen eingebrachten Ideen und Vorschläge „aus Kostengründen“ seitens der Parteiführung abgewehrt.
Der findige Tüftler und Rennfahrer Heinz Melkus schaffte es, die Parteiführung von seinen Plänen zum Bau eines DDR-Sportwagens zu überzeugen. Er bekam anfangs Kontingente von Wartburgteilen, aus denen er einen Sportwagen nach dem Vorbild des Ford GT in Handarbeit produzierte. Der Melkus RS 1000 ist heute unter Kennern eine Legende. Von 1969 bis 1979 wurden ganze 101 Exemplare hergestellt.
Letzter Versuch vorm Untergang: Wartburg 1.3
Wartburg entwickelte bereits seit den 1960er Jahren an Viertaktmotoren. Auch mit Kreiskolbenmotoren und einem Sechszylinder-Zweitaktmotor wurde experimentiert. Aufgrund politischer Widerstände gab es jedoch über Jahrzehnte keine Ergebnisse. Ende der 1980er Jahre entschied die Politik, dass Motoren aus dem VW-Regal gekauft werden. Die Ingenieure wiesen auf einen enormen Aufwand hin, diese Motoren zu verwenden. Sie waren zu groß für den Motorraum und benötigten ein anderes Getriebe. Nach zahlreichen Prototypen kam es zur Serienreife. 1988 ging der Wartburg 1.3 in die Produktion, die bereits 1991 endete. Mit dem Wartburg 1.3 endet auch die Geschichte des Fahrzeugherstellers.
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Zweitakter mit Stil?
Jede der Baureihen hat ihren eigenen Charme und Charakter. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die eher seltenen Modelle Wartburg 311. Obwohl Autos in der DDR häufig viel besser gepflegt wurden als in westlichen Ländern, wurden sie auch gefahren. Oft, bis sie nicht mehr reparabel waren. Viele Oldtimer haben demzufolge nicht überlebt. Die meisten sind bereits liebevoll restauriert. Manchmal tauchen auch Scheunenfunde auf. Besonders die jüngeren Modelle des Typs Wartburg 353 wurden nach dem Mauerfall verramscht und gefahren, bis sie auseinanderfielen.
Rost ist wie bei jedem anderen Oldtimer ein Thema. Hier lohnt es sich, die Bleche auch von der „anderen“ Seite zu begutachten, das heißt mit einem Endoskop. War die Hohlraumkonservierung nicht ausreichend, rosten sie gern von innen. Technisch ist der Wartburg kein Wunderwerk. Besonders die Technik der Zweitakter ist gut zugänglich und nicht sehr kompliziert.
Die Ersatzteilversorgung gestaltet sich dank einer guten Fangemeinschaft recht unkompliziert. Zahlreiche Verschleißteile werden nachgefertigt. Reste aus den Beständen des Herstellers ergänzen die Versorgung.
FAQ
Nach dem Mauerfall konnten sie für eine symbolische Mark erworben werden. Heute kosten die jüngsten 1.3er bereits mindestens 1.000 Euro im fahrbereiten Zustand. Wartburg 353 kosten ab etwa 2.000 bis 8.000 Euro. Alte Wartburg 311 beginnen bei rund 10.000 Euro. Seltene Modelle können über 60.000 Euro kosten. Restaurationsobjekte des 311ers sind zwischen 3.000 und 6.000 Euro erhältlich.
Von 1956 bis 1988 gab es ausschließlich Dreizylinder-Zweitaktmotoren zwischen 37 und 45 PS. Ab 1988 wurde ein Vierzylinder-Viertaktmotor von Volkswagen angeboten.