Der Studebaker Avanti stellte Rekorde in Serie auf! Er ist Designikone und brachte trotz finanzieller Not Innovationen in den amerikanischen Autobau. Der Avanti hätte der Chevrolet Corvette leicht die Stirn bieten können. Er war schneller, sicherer und fortschrittlicher als sein Konkurrent. Und doch reichte es nur für ein letztes Aufbäumen der Marke Studebaker. In seiner kurzen Bauzeit von 1962 bis 1963 stellte Studebaker nur 4643 Avanti her. Doch Totgeglaubte leben länger! Nach der Produktionseinstellung erwarben zwei Studebaker-Händler einen Teil der Fabrik samt verbliebenen Teilen und Werkzeugen und Namensrechten. Die Wiedergeburt als Avanti II wurde mit Änderungen bis 2006 gebaut.
Der unamerikanische Amerikaner: Studebaker Avanti!
Raymond Loewy, französische Designerlegende, kreierte bereits einige Karosserien für Studebaker. Unter anderem die kurz nach dem Krieg erfolgreichen Modelle Starlight und Champion. 1950 überraschte Studebaker mit dem charakteristischen Bullet-Nose-Design. Andere amerikanische Hersteller boten in der Nachkriegszeit lediglich Neuauflagen ihrer Vorkriegsfahrzeuge. Studebaker zählte zu den ersten Automarken mit frischen, neuen Ideen.
Mit dem Ende der Bullet-Nose-Ära kam der Niedergang. Die großen Drei (Ford, GM und Chrysler) erwiesen sich als harte Konkurrenz. Studebaker versuchte dagegen anzukämpfen und warf den Studebaker Hawk GT und letztlich den Studebaker Avanti ins Rennen.
Besonders beim Design des Avanti zeigte sich der europäische Einfluss und die Herkunft Loewys. Studebaker setzte bei der Karosserie auf ein damals ungewöhnliches Material. GFK. Der banale Grund für die Wahl des Werkstoffes: Geld sparen. Doch genau diese Entscheidung erwies sich als problematisch.
Mit der Herstellung der Karosserieteile wurde die Molded Fiberglass Products Company beauftragt. Wie auch bei den ebenfalls dort gefertigten Karosserien der Corvette gab es Probleme mit der Passgenauigkeit. Das Resultat: Eine erhebliche Verzögerung der Fahrzeugmontage. Viele Bestellungen wurden durch Lieferschwierigkeiten storniert. Der dringend benötigte Absatz blieb aus.
Unter dem adretten GFK-Kleid verbarg sich der Rahmen des seit 1959 gebauten Studebaker Lark Cabriolets. Dieser ging wiederum aus den größeren Modellen Studebakers vom Beginn der 1950er Jahre hervor.
Sicherheit geht vor!
Der Studebaker Avanti hatte mit seiner futuristischen, eher europäischen als amerikanischen Form das Zeug zum Erfolgsmodell. Er konnte optional mit einem integrierten Überrollbügel, Sicherheitsgurten und Sicherheitstürschlössern geliefert werden. Serienmäßig war ein gepolsterter Innenraum.
Auch technisch machte der Studebaker Avanti seinem Namen alle Ehre. Avanti, aus dem Italienischen übersetzt, bedeutet Fortschritt, vorwärts. Als erstes amerikanisches Serienauto besaß er serienmäßig Scheibenbremsen an den vorderen Rädern.
Schneller als die Konkurrenz erlaubt: Studebaker Avanti!
Bei den Antrieben griff Studebaker auf die bewährten Achtzylinder vorangegangener Modelle zurück. Bereits die Basisversion R1 brachte mit seinem 4,7-Liter-V8 stolze 240 PS auf die Hinterachse. Auf Wunsch bekam der Käufer eine mit einem Paxton-Kompressor ausgestattete Version namens R2. Der Achtzylinder leistete mit dieser zusätzlichen Beatmung 289 PS. Gemeinsam mit Andy Granatelli, damals erfolgreicher Promoter von Rennsportveranstaltungen und vorher selbst Fahrer, entwickelte Studebaker den 4,7-Liter-Motor weiter. Er wurde anfangs auf 4,9 Liter, später auf 5,0 Liter vergrößert. Neben einem Doppel-Registervergaser und Kompressor wurden eigens entwickelte Zylinderköpfe und Auspuffkrümmer verbaut. Die offiziell angegebene Leistung betrug 335 PS. Auf einem Prüfstand wurden jedoch gut 400 PS gemessen. Der R5 entstand als Versuchsfahrzeug. Die Leistung konnte unter anderem durch einen zweiten Kompressor auf 575 PS gesteigert werden.
Zum Vergleich: Der Ford Mustang mobilisierte aus seinem 4,7-Liter-Motor deutlich weniger Leistung. Mit einem Serien-Avanti erreichte Granatelli auf dem Salzsee bei Bonneville ganze 34 US-Rekorde. Mit dem Studebaker Avanti R3 wurde eine Spitzengeschwindigkeit von knapp 275 km/h erzielt. Studebaker konnte den Wagen mit diesen Rekorden guten Gewissens als „schnellstes Serienfahrzeug der Welt“ anpreisen.
Der V8-Motor wurde ab 1965 bei den ersten Modellen des Excalibur Series I verwendet.
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Niedergang und Auferstehung: Der Avant II!
Mit dem Untergang Studebakers endete die Produktion des Studebakers Avanti nach nur einem Jahr und 4643 Exemplaren. Nate Altman und Leo Newman, zwei frühere Studebaker-Händler, erwarben die Namensrechte für den Wagen. Weiter übernahmen sie Teile der alten Fabrik und die verbliebenen Werkzeuge und Fahrzeugteile.
1965 gründeten sie die Avanti Automotive Corporation und begannen das Folgemodell Avanti II in Handarbeit zu produzieren. Die Karosserie blieb weitgehend unverändert. 1985 kamen zum Coupé ein Cabriolet und ein Coupé mit längerem Radstand hinzu. Die Motorisierung änderte sich im Laufe der Zeit. Sie kam fast ausschließlich aus dem Hause des ehemaligen Kontrahenten Chevrolet. 2006 wurde die Produktion eingestellt. Gerüchte über eine erneute Auflage des Avanti haben sich bisher nicht bestätigt.
Glückstreffer?
Einen originalen Studebaker Avanti zu finden, gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die wenigen, vorrangig in Amerika verkauften Exemplare haben nur selten den Weg nach Europa geschafft. Größer ist hingegen die Wahrscheinlichkeit, einen jüngeren Avanti zu entdecken. Dennoch sind auch diese Modelle in Handarbeit und überschaubaren Stückzahlen gebaut worden. Gut erhaltene originale Exemplare werden ab etwa 40.000 Euro gehandelt. Vor dem Kauf eines günstigeren Restaurationsobjektes sollten Sie die Kosten der Reparaturen im Auge behalten.
Insbesondere für die Originale aus Studebaker-Zeiten kann die Ersatzteilsuche problematisch werden. Motoren und Antriebsteile sind selten. Etwas einfacher wird es bei den Nachbauten. Da diese meist mit Großserientechnik aus dem Hause Chevrolet ausgestattet wurden, sind hier Ersatzteile leichter zu finden.
Besonderes Augenmerk sollten Sie auf die GFK-Karosserie legen. Stimmen die Spaltmaße? Sind Unfallschäden zu erkennen? Altersbedingt ist auch auf Delamination zu achten. Das mehrschichtige Material ist insbesondere durch UV-Strahlen und Witterungseinflüsse bedroht. Die Folgen sind, dass sich die Schichten voneinander lösen oder das GFK porös wird.
Unter der Hülle verstecken sich gern Rostnester, die schwer zu erkennen sind.
FAQ
4643 Studebaker Avanti verließen die Produktionshallen. Die genauen Verkaufszahlen des Avanti II sind nicht bekannt.
Andy Granatelli erreichte 1963 mit einem Studebaker Avanti R3 eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h. Der Avanti galt 1963 als das schnellste Serienauto der Welt.